Konzipierung und Umsetzung des FOH-Mixes für eine Open-Air-Veranstaltung mit Sinfonieorchester und wechselnden Instrumental-Solisten.
Besondere Herausforderungen/Schwierigkeiten:
Eine sehr große und offene Rundbogen-Bühne, unterschiedliche Instrumental-Solisten, sehr breite Zuhörerfläche, Fernsehproduktion (möglichst wenig sichtbare Tontechnik)
Beim Eurovision Young Musicians (EYM) handelt es sich um einen Nachwuchs-Wettbewerb für junge Musiker im Bereich der klassischen Musik. Träger dieser Veranstaltung ist die EBU (European Broadcast Union), ein Zusammenschluss öffentlich-rechtlicher Medienanstalten aus 56 Ländern. Zum Abschluss dieses Wettbewerbes musste jeder der 14 Teilnehmer einen Titel zusammen mit dem WDR-Sinfonieorchester aufführen, und zwar Open Air.
Der Kölner Roncalliplatz, auf dem alles stattfand, bot einen Zuschauerbereich von ca. 44 m Breite und ca. 22 m Tiefe. Als Hauptbeschallungssystem kam ein L-acoustics K2-System (8 Elemente je Seite) zum Einsatz. Das Low-End bildete ein Array aus sechs SB 28 Bässen direkt vor der Bühne. Als Frontfill wurden vier Kara-Elemente in die Stirnseite der ca. 2 m hohen Bühne integriert.
Die Firma PADCO beauftragte mich mit der Konzeption und Umsetzung des FOH-Mixes. Da Open-Air im Gegensatz zum Konzertsaal auch bei einem solch großen Ensemble die Schallenergie nicht ausreicht, um den Zuhörerbereich adäquat zu erreichen, muss in einem solchen Falle mit relativ vielen, relativ dicht bei den jeweiligen Instrumenten platzierten Mikrofonen gearbeitet werden. Um für die Zuhörer dennoch eine relativ realistische Umsetzung dieses großen Klangkörpers gewährleisten zu können, entschied ich mich, die Links/Rechts-Zuordnung der Instrumente über Laufzeit-Panorama-Einstellungen vorzunehmen.
Beim klassischen Intensitäts-Panorama würde die Links/Rechts Einstellung nur für ganz wenige Zuhörer in der Mitte der Hörerfläche (Sweet-Spot) funktionieren. "Einkaufen" würde man mit einer solchen Variante das Breiten-Erlebnis für ganz wenige Zuhörer mit absolut irrelevanten Mischergebnissen im Außenbereich der Zuhörerfläche. Dies ist auch ein Grund, warum sehr oft große klassische Klangkörper bei Open Air-Veranstaltungen Mono gemischt werden. Zur Verdeutlichung der
Problematik hier ein Beispiel:
Wenn man per "normalem" Intensitäts-Panoramaregler ein Signal, zum Beispiel die erste Geige, die klassischerweise aus Sicht des Publikums links platziert ist, nach links positioniert, dann entspricht das technisch gesehen dem Vorgehen, dass dieses Signal lauter aus dem linken als aus den rechten Lautsprechern kommt. Für den Zuhörer im Sweet Spot bedeutet das, dass die erste Geige gehörrichtig nach links wandert. Für den Zuhörer im linken Außenbereich bedeutet das allerdings, dass die erste Geige einfach nur lauter wird, und dadurch das Lautstärkeverhältnis zu den anderen Instrumenten nicht mehr stimmt. Für den Zuhörer im rechten Außenbereich wird die erste Geige unter Umständen so leise im Gesamtmix, dass sie gar nicht mehr wahrgenommen wird.
Somit ist klar, dass sich ein Intensität-Panorama für eine solche Veranstaltung von vornherein ausschließt. Nach mehreren Jahren Experimentieren mit verschiedenen Laufzeit-Konstellationen habe ich ein System entwickelt, das eine relativ realistische Links/Rechts Zuordnung der Orchestermikrofone für einen sehr breiten Zuhörerbereich ermöglicht. Ein weiterer großer Vorteil dieser Laufzeitverteilung ist der, dass die Zuhörer im äußersten Randbereich zwar nicht mehr "Stereo" hören, aber dieser Mono-Mix ist von seiner klanglichen Balance identisch zu dem im restlichen Zuhörerbereich.
Ein weiterer wichtiger Punkt, um den "normalen" Zuhörer möglichst vergessen zu lassen, dass ein Beschallungssystem im Einsatz ist, ist der, das Klang-Image mit dem optischen Eindruck zusammenzubringen.
Da die Haupt-Beschallungsboxen - wie beim Fernsehen üblich - möglichst hoch angebracht wurden, gibt es eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Ort, an dem die Musiker sich befinden, und dem Ort, aus dem der Ton dazu kommt. Deshalb ist es sehr wichtig, mit Front-Fill-Lautsprechern zu arbeiten. Wegen der relativ großen Podesthöhe der Bühne konnten wir in diesem Fall die Frontfill-Lautsprecher unter der Bühne in die Bühnenproteste integrieren. Für die Mischung der über 70 Eingangskanäle und die Umsetzung des Laufzeit-Pannings habe ich eine Yamaha CL 5 Konsole genutzt.
Beitrag aus PRODUCTION PARTNER 7/8 2014 hier als PDF-Download:
Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Eurovision_Young_Musicians_2014
https://www.production-partner.de/story/klassik-open-air-mit-l-acoustics-k2/