Endkunde: Stadt Grevenmacher/Luxembourg
Anlässlich des 750sten Jubiläums der Verleihung der Stadtrechte wurde auf dem Marktplatz in Grevenmacher eine Musicalshow inszeniert. Neben einem großen Orchester gab es eine Band, ein Klarinettenensemble, eine Percussionsgruppe, eine Kirchenorgel (nicht auf der Bühne), drei Chöre, mehrere Gesangssolisten und zwei Sprecher umzusetzen.
Besondere Herausforderungen/Schwierigkeiten:
Zum einen stellte der Aufführungsort eine besondere Schwierigkeit dar, da die Wohnbebauung, die den Platz umgab, bis dicht an den Zuschauerbereich grenzte. Zum anderen war die Tatsache, dass gleichzeitig sehr viele Akteure auf der Bühne Platz finden mussten, zu berücksichtigen. Auch der Umstand, dass die auftretenden drei Chöre während der Aufführung nacheinander die Bühne betreten sollten, musste in der Planung berücksichtigt werden. Eine ganz besondere Herausforderung war der Umstand, dass aus zeitlichen Gründen nur eine einzige Durchlaufprobe auf der Bühne stattfinden konnte.
Im Jahr 2000 starteten die ersten Vorgespräche über ein Projekt für das Jahr 2002 in Grevenmacher/Luxembourg. Auf dem zentralen Marktplatz mitten in der Stadt sollte ein großes Bühnenspektakel stattfinden. Anlass dieser Veranstaltung war das 750ste Jubiläum der Verleihung der Stadtrechte an Grevenmacher. Der Titel der Produktion war: "Maacher Fräiheet". Der musikalische Leiter des Projekts, Georges Urwald, brachte jede Menge Musiker, Sänger und Schauspieler aus dem Umfeld der Stadt zusammen. Die Musik für das Spektakel wurde von ihm extra zu diesem Zweck komponiert. Als Termine für die beiden Aufführungen waren der 15. und der 16.6.2002 festgelegt. Markante Teile der 750-jährigen Stadtgeschichte Grevenmacher sollten in der Aufführung Revue passieren. Am Bühnenrand wurde ein Wirtshaustisch aufgestellt, an dem zwei Herren, die "Krunnemécke", immer wieder ihren "Senf" zum Geschehen gaben. Außerdem führten die beiden durch die Geschichte (n).
Ich wurde nun mit der kompletten Umsetzung dieses Events beauftragt. Dazu gehörte unter anderem die Planung und Koordination der Bühne, der Beschallung und der kompletten Infrastruktur.
Da auch im Juni nicht immer unbedingt nur mit schönem Wetter zu rechnen ist, musste sowohl für die Bühne als auch für die Unterbringung der Ton- und Licht- Technik ein ausreichender Regenschutz vorhanden sein. Allein die Tatsache, dass ca. 300 Personen, zum großen Teil mit Instrumenten, auf der Bühne Platz finden mussten und auch noch Platz für Spielszenen vorhanden sein musste, war ein nicht zu unterschätzender Fakt.
Somit war schnell klar, dass man hierfür keine kleine Standardbühne nutzen konnte.
Die Aktionsfläche der endgültigen Bühne hatte dann auch eine Breite von 23 m und eine Tiefe von 13 m. Aus Gründen des Regenschutzes musste das Dach natürlich auch noch einen Überstand haben. Eine weitere
Herausforderung für den Bühnenbau war der Umstand, dass das Gelände leicht abschüssig war.
Da die drei auftretenden Chöre während der laufenden Veranstaltung nacheinander aufgehen sollten, musste am hinteren Ende der Bühne auch noch ein möglichst breiter Aufgang geplant werden.
Als weiteres Detail musste das Dach relativ hoch über der Bühnenfläche sein. Das hatte seinen Grund im besonderen "Bühnenbild". Für die Zuschauer sollten sowohl eine rund 40 m hinter der Bühne liegende Kirche als auch ein schräg neben der Bühne stehendes entkerntes Haus gut sichtbar sein. Beide Elemente wurden optisch mit in die Show eingebunden. So gab es gegen Ende der Veranstaltung ein musikalisches Miteinander von Bühne und Kirchenorgel. Dazu wurde die Kirche in dieser Szene extra von innen und außen beleuchtet. Das entkernte Haus hatte seinen "Auftritt" als Ruine für den Hintergrund einer Szene, die mit viel Licht und Nebel im Krieg spielte.
Wegen der durchaus schwierigen tontechnischen Umsetzung war es sehr wichtig, bestmögliche Bedingungen an der Position des Tonmischpultes zu erhalten. Aus diesem Grund wurde geplant, das Pult zentral im Zuschauerbereich aufzustellen. Um die notwendige Überdachung für dieses Tonmischpult möglichst klein zu halten, musste das Ganze mit einer relativ kleinen Audio- Konsole umgesetzt werden. Da hinter dem Tonmischpult noch Zuschauer saßen, dürfte diese Überdachung keine optische Beeinträchtigung darstellen. Die jedoch unvermeidbare akustische Abschattung des Daches wurde durch zwei Delay-Lautsprecher wieder ausgeglichen.
Als Tonmischpult entschied ich mich für das zu diesem Zeitpunkt relativ neue PM 1D von Yamaha. Damit war es möglich, auf sehr kleinem Raum die benötigten 114 Input-Kanäle zu bewältigen. Ein weiteres Kriterium, das für den Einsatz dieses Mischpultes sprach, war die integrierte Szenen-Automation. Des Weiteren war es mit dieser Konsole möglich, das Bühnenmonitoring vom FOH-Pult aus mit zu erledigen. Beim Monitor-Setup handelte es sich um eine Kombination aus In-Ear- und konventionellem Boxen- Monitoren.
Die 114 Input-Kanäle waren nie alle gleichzeitig im Einsatz. Auch war bei weitem nicht jedes Instrument einzel abgenommen. Aber die Struktur der Veranstaltung machte eine solch hohe Zahl von Inputs notwendig. So wurden manche Instrumente nur einmal im Verlauf der Show gespielt. Es war jedoch in der kontinuierlichen Show nicht möglich, Mikrofone dafür umzustellen, ohne den Bühnenablauf erheblich zu stören.
Die Abnahme der drei Chöre erforderte eine besondere Herangehensweise. Wegen der aus optischen Gründen hinten offenen Bühne war klar, dass viel Schallenergie der Sänger wegen fehlender Reflexionen von Decke und Rückwand direkt "verpuffen" würde. Deshalb musste ich mir ein System überlegen, mit dem es möglich war, relativ viele Mikrofone relativ dicht zu den Sänger (-innen) zu platzieren. Eine weitere Rolle spielte bei den Überlegungen zur Abnahme der Chöre, die Tatsache, dass es sich um einen Erwachsenen-, Jugend- und Kinder-Chor handelte. Das alles bedeutete, dass die Abnahme mit gerichteten Mikrofonen in unterschiedlichen Höhenausrichtungen passieren musste. Wegen der insgesamt recht hohen Anzahl von Akteuren auf der Bühne schloss ich von vornherein die Verwendung von einzelnen Geigen-Stativen zur Chorabnahme aus.
Um vor Ort die einzelnen Mikrofone präzise zu den einzelnen Chören ausrichten zu können, entschied ich mich für eine ganz spezielle Konstruktion.
Im relevanten Bereich ließ ich vom Bühnenbauer zwei über Motore fahrbare Trassen auf der gesamten Bühnenbreite im Bühnendach anbringen. Diese Trassen konnten zum Bestücken und Ausrichten abgelassen werden. Über Stahlseile wurden an diesen Trassen U-Profile aus Stahl abgehangen. Jeweils zwei solcher Profile je Chor konnten dann exakt auf die richtigen Höhen angepasst werden. Diese U-Profile dienten dann zur Aufnahme der Chormikrofone. Die Mikrofon-Kabel wurden entlang der Stahlseile Richtung Bühnendach geführt, somit entstanden auch keine zusätzlichen Stolperfallen auf der Bühne.
Um Spielszenen im vorderen Bühnenbereich eine höhere Authentizität zu verleihen, kamen entlang der vorderen Bühnenkante mehrere Grenzflächenmikrofone zum Einsatz.
Um die Bühnenlautstärke von Anfang an so gering wie möglich zu halten, wurde das Schlagzeug mit Plexiglas akustisch etwas abgeschirmt.
Eine weitere Besonderheit dieses Events stellte die Tatsache dar, dass wegen der hohen Anzahl an Mitwirkenden es im Vorfeld nie möglich war, alles zusammenhängend zu proben. Am 14.6.2002 gab es dann nur eine einzige Generalprobe mit Technik.
Auf Grundlage dieser einzigen Probe musste ich dann im Verlauf des gesamten Vormittags des 15. Juni alle notwendigen Mutes und sonstigen Szenen-Specials von Hand in die einzelnen Szenen programmieren.
Dank der sehr engen und kreativen Zusammenarbeit mit George Urwald, der Gemeinde Grevenmacher und vieler wichtiger Helfer im Hintergrund, wurde aus dieser sehr komplexen und schwierigen Veranstaltung ein gelungenes Fest von der Gemeinde für die Gemeinde.
mehr Bilder
Links:
Georges Urwald at WIKIPEDIA
Christiane Schiltz-Urwald at Luxemburger Autorenlexikon
Maacher Fräiheet 2002 at georgely.lu
Tunes from Maacher Fräiheet 2002